Die Psychologin Rosa Hidalgo erklärt in diesem Artikel was Hippotherapie ist, welche Grundlagen sie hat, welche Hauptvorteile sie bietet und wie die Intervention mit Pferden abläuft.
Was ist Hippotherapie?
Der Name Hippotherapie stammt aus dem Griechischen hippos (Pferd) und therapeia (Behandlung). Sie ist eine Fachrichtung der Kinesiotherapie (Wissenschaft, die Bewegung, Anatomie und Physiologie der Biomechanik des Körpers untersucht), in der die therapeutischen Effekte des Pferdes mit spezifischen kinesiologischen Übungen je nach Diagnose des Patienten kombiniert werden. Hippotherapie ist daher eine Rehabilitationsbehandlung.
Anfänglich, in den 1950er-1960er Jahren, wurden mit Hippotherapie Patienten aus den Bereichen Orthopädie und Neurologie behandelt. Durch Erfahrungen und Forschungen wurde sie ab den neunziger Jahren auf Bereiche wie Psychiatrie, Pädagogik, Logopädie und genetische Erkrankungen ausgeweitet. Heute wird die Hippotherapie auch von anderen Gesundheitsfachkräften wie Ärzten, Psychologen und Ergotherapeuten eingesetzt.
Für wen ist die Hippotherapie geeignet?
Sie ist angezeigt bei folgenden Krankheitsbildern:
Zerebralparese, Ataxien, Rückenmarksverletzungen, Hirnverletzungen, Spina bifida, Muskeldystrophie, Multiple Sklerose, Down-Syndrom, Paraplegie, Hemiplegie, Aufmerksamkeitsstörungen und Konzentrationsprobleme, psychosomatische Erkrankungen, Magersucht, Autismus, Rett-Syndrom, Fibromyalgie, Entwicklungsstörungen, psychomotorische Entwicklungsverzögerung, Kinder, die häusliche Gewalt oder Vernachlässigung erfahren haben, Phobien, Angststörungen, Posttraumatische Belastungsstörung.
Was sind die Grundlagen der Hippotherapie?
Hippotherapie basiert auf einem Set rehabilitativer Techniken, die bei einer Vielzahl von Erkrankungsbildern angewendet werden können. Sie beruht auf der Übertragung der Pferdebewegung auf den Patienten. Die physische Bewegung, die emotionalen Bindungen und der Kontakt mit der Natur sind grundlegende Aspekte im menschlichen Leben und Basisbestandteile der Hippotherapie.
Kognitive Prozesse wie Aufmerksamkeit (andauernde, selektive, wechselnde Aufmerksamkeit) und Sprache sind in der Hippotherapie aufgrund der Bindung zwischen Patient und Pferd sehr wirksam.
Motivation und die emotional-affektive Beziehung spielen eine grundlegende Rolle: Der Wunsch des Patienten, mit dem Tier zu kommunizieren, ist so stark, dass er sich bemüht, sich mit ihm zu verständigen; es ist eine Einladung, gemeinsam Aktivitäten durchzuführen.
Andere neurologische Prozesse, die durch Hippotherapie stark profitieren, sind das Gedächtnis, das vestibuläre System, die Propriozeption und sowohl grob- als auch feinmotorische Koordination.
Grundprinzipien
- Übertragung eines dreidimensionalen Fortbewegungsmusters, das dem physiologischen Muster des menschlichen Gangs entspricht. Der Schritt des Pferdes erzeugt ein dreidimensionales Muster anterior-posterior (oben-unten), kranio-kaudal (vorwärts-rückwärts) und latero-medial (seitwärts).
- Übertragung rhythmischer Impulse. Diese rhythmischen Impulse werden auf das Becken, die Wirbelsäule und die unteren Extremitäten des Reiters übertragen und führen zu Gleichgewichtsreaktionen und zur Aufrichtung des Rumpfes des Patienten.
- Wärmeübertragung. Die normale Körpertemperatur des Pferdes beträgt (38,5 °C). Diese Wärmeübertragung sorgt dafür, dass die Muskulatur erwärmt und entspannt wird, die Durchblutung gesteigert und die taktile Sensorwahrnehmung des Patienten angeregt wird.
Vorteile der Hippotherapie
- Verbessert den allgemeinen körperlichen Zustand,
- stimuliert das sensomotorische System,
- verbessert die Koordination, die Reflexe und die motorische Planung,
- reguliert den Muskeltonus: entspannt und stärkt,
- aktiviert innere Organe und das Herz,
- korrigiert Verhaltensprobleme,
- vermindert Angst,
- fördert Konzentration und Selbstwertgefühl,
- Erwerb kognitiver und sozialer Fähigkeiten.

Wann ist Hippotherapie kontraindiziert?
- unkontrollierte Epilepsie,
- extreme Hypotonie,
- erhöhter intrakranieller Druck,
- vollständige Rückenmarksverletzungen, da es unmöglich ist, den Patienten auf dem Pferd zu halten,
- unüberwindbare Angst vor dem Pferd oder der Therapie,
- Schwindel oder Drehschwindel,
- übermäßige Aggressivität, da sie den Patienten durch mögliche Reaktionen des Pferdes gefährden würde,
- atlantoaxiale Instabilität beim Down-Syndrom.
Wie wird in den Hippotherapiesitzungen gearbeitet?
Die Hippotherapiesitzungen haben eine Dauer von dreißig Minuten. Zu Beginn sollten sie zehn oder fünfzehn Minuten betragen und dann schrittweise verlängert werden.
Sitzungen in Phasen unterteilt
1. Bodenarbeit
Zu Beginn der Hippotherapiebehandlung soll der Patient Vertrauen zum Pferd gewinnen und sich an die Umgebung gewöhnen. Daher wird die Bodenarbeit durchgeführt. Dies ist die erste Phase der Sitzung.
Es wird die emotional-affektive Bindung durch die Pferdepflege und kognitive Prozesse gestärkt, z. B. indem man langsames und ruhiges Bürsten durchführt, um Impulsivität zu bearbeiten.
Beispielaktivitäten für die Bodenarbeit:
| AKTIVITÄT | ZIEL |
| Das Pferd begrüßen | Affektive Bindung schaffen. Erster Kontakt mit dem Pferd; dem Patienten wird die richtige Annäherung und die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen erklärt. |
| Körperbild | Empathie zwischen Patient und Pferd schaffen, indem körperliche Gemeinsamkeiten zwischen Pferd und Patient gesucht werden. |
| Verabschiedung vom Pferd | Das Pferd wird in den Stall geführt und erhält eine Belohnung (Karotte). |
2. Das Aufsteigen
In der zweiten Phase, dem Aufsteigen, werden die meisten therapeutischen Aktivitäten durch Übungen und Spiele durchgeführt.
Es wird stets angestrebt, dass der Patient das selbstständige Aufsteigen durchführt (der Patient kann allein auf das Pferd steigen). Es gibt jedoch eine Reihe von Kriterien, bei denen ein gemeinsames Aufsteigen erforderlich ist (der Therapeut steigt mit dem Patienten auf das Pferd), nämlich wenn der Patient keine Rumpfkontrolle, keine Kopfkontrolle hat oder sich unsicher zeigt.
Am Ende der Sitzung wird der Patient vom Therapeuten und den Angehörigen mit Lob belohnt, da es wichtig ist, die Anstrengungen und erreichten Erfolge zu würdigen.
Wie wird die Therapie festgelegt?
Es sollten klare Ziele und Richtlinien festgelegt werden, damit die Therapie ein fortschreitender Prozess ist. Es ist ratsam, eine Bewertung des Gesundheitszustands des Patienten sowohl am Boden als auch auf dem Pferd vorzunehmen.
Die Bewertung muss die Diagnose, die Krankengeschichte, die bisherigen Behandlungen, die aktuell eingenommenen Medikamente und die kinesiologische Bewertung (Gangbild, Sitzhaltung, Kontrolle von Kopf und Rumpf, Drehungen, Muskelkraft, Gelenkbeweglichkeit, Gleichgewichtsreaktionen und Wirbelsäulenabweichungen) berücksichtigen.
Die neurologische Beurteilung umfasst die Erkennung von Symptomen wie Parese, Lähmung, Muskeltonus, pathologischen Reflexen sowie abnormen Haltungs- und Bewegungsmustern.
Bezüglich des kognitiven Zustands sind die Umweltanbindung, das Verständnis, das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit und die Konzentration zu beachten.
Bewertung und Nachverfolgung der Hippotherapie
Nach Berücksichtigung der Merkmale des Patienten legt das interdisziplinäre Team einen Zeitrahmen fest, in dem die Entwicklung der Therapie bewertet wird, um die Sitzungen entsprechend den Bedürfnissen jeder Person anzupassen.
Fazit
Verschiedene Studien stimmen darin überein, dass Hippotherapie die Lebensqualität des Patienten verbessert und eine Therapie mit psychologischen und sozialen Vorteilen ist. Der Grund liegt darin, dass das Pferd durch das Gangmuster Vibrationen erzeugt, die an das Rückenmark weitergeleitet werden, sodass das Gehirn dieselben Reize erhält, als würde es gehen.
Andererseits werden beim Aufbau der Bindung zum Pferd Interaktionsmuster etabliert.
Es ist wichtig hervorzuheben, dass Hippotherapie eine ergänzende Methode ist und stets die Bedeutung besteht, qualifizierte Fachkräfte für die Durchführung der Therapie zu suchen.

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Dieser Artikel wurde übersetzt; Link zum Originalartikel auf Spanisch:
Hipoterapia: qué es, fundamentos, beneficios y metodología







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