Was, wenn sich die Welt heute verändert und Sie neue Wege finden müssen, um Ihre professionellen Dienstleistungen anzubieten?
In diesem Artikel stellt uns die Neuropsychologin Andreia Geraldo eine portugiesische Studie über die Veränderungen vor, die COVID-19 für neuropsychologische Dienstleistungen mit sich brachte, und insbesondere darüber, wie Menschen mit neurologischen Störungen den Prozess der neuropsychologischen Telerehabilitation erlebten.
COVID-19 und die damit verbundenen Maßnahmen eröffneten ein noch nie dagewesenes Szenario für die Entwicklung des Einsatzes neuer digitaler Technologien bei der Erbringung neuropsychologischer Dienstleistungen. Obwohl neue digitale Technologien bereits vor COVID-19 weit verbreitet waren (Dores et al., 2016; Simons et al., 2016), war die Bereitstellung von neuropsychologischer Telerehabilitation vor Ausbruch der Pandemie noch begrenzt (Marra et al., 2020).
Dieser unvorhergesehene Wandel brachte jedoch sowohl für die Fachkräfte als auch für die Menschen in der Rehabilitation große Herausforderungen mit sich.
Aus Perspektive der Fachkräfte
Im Falle der Fachkräfte im Bereich der psychischen Gesundheit wurden die Herausforderungen bereits untersucht. Die am häufigsten berichteten Probleme waren das Fehlen der notwendigen Weiterbildung sowie die begrenzten finanziellen und technologischen Ressourcen (Mendes-Santos et al., 2020).
Aus Perspektive der Patient:innen
Das Gleiche gilt nicht für Patient:innen mit neurologischen Störungen, die sich auf einen unerwarteten Wechsel von persönlicher Rehabilitation vor Ort auf neuropsychologischer Telerehabilitation umstellen mussten.
Ein portugiesisches Rehabilitationszentrum setzte NeuronUP2GO (NeuronUP-Sitzungen für zu Hause) ein, um die kognitive Rehabilitation in der ersten Phase der COVID-19-Pandemie in Portugal fortzusetzen.
Studie über den Prozess der neuropsychologischen Telerehabilitation
Fachkräfte der Universität Porto, des Polytechnischen Instituts von Porto und der Katholischen Universität von Portugal führten eine Studie durch, um die Perspektive von Patient:innen zu untersuchen, die vor COVID-19 an einem Rehabilitationsprogramm teilgenommen hatten.
Ziele
Das Hauptziel dieser Studie war die Untersuchung der Wahrnehmung der neuropsychologischen Online-Rehabilitation durch Patient:innen mit neurologischen Störungen, insbesondere während der COVID-19-Pandemie.
Insbesondere wollten wir die von den Patient:innen wahrgenommenen Vor- und Nachteile der Nutzung von NeuronUP2GO untersuchen sowie ihre Verbesserungsvorschläge für den Rehabilitationsprozess und die Plattform einholen. Dabei berücksichtigten wir auch ihr vorheriges Wissen über andere Rehabilitationsplattformen.
Der übergeordnete Zweck dieser Studie bestand darin, die Perspektiven und Vorschläge von Patient:innen mit neurologischen Störungen zur neuropsychologischen Telerehabilitation zu ermitteln, damit die Einbeziehung dieser Perspektiven die erbrachten Dienstleistungen verbessern kann.
Methodik
Die Studie zum Prozess der neuropsychologischen Telerehabilitation wurde vom Ethikkomitee der Gesundheitsschule des Polytechnischen Instituts von Porto genehmigt (Genehmigungsnummer: CE0015A).
16 Patient:innen mit erworbenen neurologischen Erkrankungen, die an einem Online-Programm zur neuropsychologischen Rehabilitation in einem portugiesischen Rehabilitationszentrum teilnahmen, füllten während des Lockdowns einen Online-Fragebogen aus.
Das Durchschnittsalter betrug 44,63 Jahre (SD = 12,19; Min = 18; Max = 63), und alle Teilnehmenden erhielten mindestens vier Jahre formale Bildung (M = 11,38; SD = 4,23; Min = 4; Max = 17).
In Bezug auf die klinischen Zustände der Patienten waren Schlaganfälle (n = 4) und Hirntumoren (n = 4) die häufigsten Diagnosen. Weitere klinische Zustände umfassten traumatische Hirnverletzungen (n = 1), Multiple Sklerose (n = 1), Fibromyalgie (n = 1), Meningitis (n = 1), herpetische Meningoenzephalitis (n = 1), zerebrale arteriovenöse Malformation (n = 1) und Paramyloidose (n = 1)Ein Patient gab seine Diagnose nicht an.
Die Zeitspanne seit der klinischen Diagnose reichte von neun bis 204 Monaten (M = 54,88; SD = 50,79).
Für diese Studie wurde ein eigens entwickelter Online-Fragebogen erstellt und in einer Pilotstudie erfolgreich auf das Verständnisniveau hin getestet. Der Fragebogen enthielt 24 Fragen zu den demografischen und klinischen Merkmalen der Teilnehmenden (z. B. Alter, klinische Diagnose) sowie zu den Eigenschaften der verwendeten Online-Plattform (z. B. visuelles Erscheinungsbild, motivierende Aspekte der Aufgaben) und Informationen zum Neurorehabilitationsprozess.
Die Ergebnisse der Studie
Die zentralen Ergebnisse dieser Studie deuteten darauf hin, dass die Teilnehmenden mit dem Prozess zufrieden waren, insbesondere nachdem sie die angemessene Anzahl und Dauer der Rehabilitations-Sitzungen sowie vergleichbare Ergebnisse wie bei persönlichen Sitzungen berücksichtigt hatten.
Die berichtete Erfahrung war größtenteils positiv, wobei die Mehrheit der Teilnehmenden angab, keinerlei Schwierigkeiten bei der eigenständigen Nutzung der Plattform zu haben. Sie bewerteten die Navigation als sehr intuitiv und fanden das visuelle Design ansprechend sowie die Aufgaben äußerst motivierend.
Zusätzlich wurde die Beziehung zum Fachpersonal im Gesundheitswesen nicht von der räumlichen Distanz beeinträchtigt, trotz der physischen Distanz, die durch die eingeführten Maßnahmen des Lockdowns bedingt war.
Vorteile und Nachteile
Ein Vorteil der Plattform, der häufig genannt wurde war, dass während des COVID-19-Lockdowns so die Möglichkeit bestand Rehabilitations-Sitzungen aufrechtzuerhalten. Zusätzlich wurden die geografische und zeitliche Flexibilität sowie die Benutzerfreundlichkeit der Plattform erwähnt.
Der hauptsächlich genannte Nachteil war der Mangel an synchronem Kontakt mit den Neuropsycholog:innen.
Empfehlungen
Es wurden Vorschläge zur Optimierung der Telerehabilitation kognitiver Funktionen diskutiert, darunter die verstärkte Durchführung synchroner Online-Gruppenaktivitäten sowie direkter Kontakte mit den Neuropsycholog:innen.
Komplette Studie
Die gesamte Studie ist online verfügbar unter (https://www.tandfonline.com/eprint/E3ZDXWYXICFBRPSQHJVC/full?target=10.1080/23279095.2022.2100993), wo weitere Einsichten von Personen mit neurologischen Störungen zu finden sind, yum Thema wie die Telerehabilitation neuropsychologischer Prozesse verbessert werden kann. Ebenso werden die Vor- und Nachteile des Prozesses sowie die Nutzung der Plattform NeuronUP diskutiert.
Soweit wir wissen, ist dies die erste Studie in Portugal, die die Perspektiven der Patient:innen zur Telerehabilitation kognitiver Funktionen analysiert, und die Ergebnisse heben in jedem Fall das Potenzial hervor!
Referenzen:
- Dores, A. R., Barbosa, F., Guerreiro, S., Almeida, I., & Carvalho, I. P. (2016). Computer-based neuropsychological rehabilitation. In M. M. Cruz-Cunha, I. M. Miranda, R. Martinho, & R. Rijo (Eds.), Encyclopedia of E-health and telemedicine (pp. 473–485). Medical Information Science Reference.
- Geraldo, A., Dores, A.R., Carvalho, I.P., Guerreiro, S., Castro-Caldas, A., & Barbosa, F. (2022). At-distance neurocognitive rehabilitation during COVID-19 pandemic: a first glance of patients’ perspectives about the process and an online platform. Applied Neuropsychology: Adult.
- Marra, D., Hoelzle, J., Davis, J., & Schwartz, E. (2020). Initial changes in neuropsychologists clinical practice during the COVID-19 pandemic: A survey study. The Clinical Neuropsychologist, 34(7-8), 1251–1266.
- Mendes-Santos, C., Weiderpass, E., Santana, R., & Andersson, G. (2020). Portuguese psychologists’ attitudes towards internet interventions: An exploratory cross-sectional study. JMIR Mental Health, 7(4), e16817.
- Simons, D., Boot, W., Charness, N., Gathercole, S., Chabris, C., Hambrick, D., & Stine-Morrow, E. (2016). Do “brain-training” programs work? Psychological Science in the Public Interest, 17(3), 103–186.
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