Die klinische Neuropsychologin Lidia Pérez stellt uns in diesem Artikel eine Untersuchung zur Entwicklung der kognitiven Funktion bei Erwachsenen mit erworbener Hirnschädigung vor, bei der körperliche Aktivität in den Alltag integriert wird.
Erworbene Hirnschädigung (EHS), hauptsächlich Schlaganfälle (SA) und Schädel-Hirn-Traumata (SHT), ist die häufigste Ursache für Behinderung bei Erwachsenen. Die Folgen einer EHS können noch Jahre nach der Verletzung (chronische Phase) anhalten, mit den daraus resultierenden Konsequenzen für das Gesundheitssystem und auf persönlicher, familiärer, sozialer und wirtschaftlicher Ebene. Die häufigsten Folgen betreffen die Bereiche Kognition, Kommunikation, Motorik und Sensorik.
Multidisziplinäre Neurorhabilitationsbehandlungen verfügen über solide Evidenz, doch könnte ihre Wirksamkeit durch die Kombination mit zusätzlichen Strategien gesteigert werden.
Tierexperimentelle Forschung hat gezeigt, dass körperliches Training neuroprotektive und neuroregenerative Effekte ausüben und die kognitive Funktion nach einer EHS verbessern kann.
Außerdem scheint sowohl bei gesunden Personen als auch bei Menschen mit kognitiven Defiziten eine Assoziation zwischen dem Umfang der Alltagsaktivität und der kognitiven Funktion zu bestehen. Daher könnten Bewegung und körperliche Aktivität zur kognitiven Rehabilitation bei Personen mit EHS beitragen.
Untersuchung der kognitiven Funktion bei Erwachsenen mit erworbener Hirnschädigung
Die Untersuchung besteht aus zwei Studien:
Erste Studie
In der ersten Studie wurde die Entwicklung der kognitiven Funktion und der Lebensqualität über ein Jahr hinweg, vor und nach der Implementierung einer betreuten Intervention mit aerober körperlicher Betätigung, in einer Stichprobe von Erwachsenen mit schwerem SHT in der chronischen Phase untersucht.
Zweite Studie
Die zweite Studie untersuchte die Assoziation zwischen zum einen der Menge an körperlicher Aktivität und Sedentärität und zum anderen der kognitiven Funktion, der Lebensqualität und der motorischen Funktionsfähigkeit bei Personen mit Schlaganfall. Zusätzlich wurde über 24 Wochen eine kognitive Telerrehabilitation mittels der Plattform NeuronUP durchgeführt.
Übergeordnete Ergebnisse der Untersuchung zur kognitiven Funktion bei Erwachsenen mit erworbener Hirnschädigung

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Forschungsergebnisse
Ergebnisse der ersten Studie
In der ersten Studie ging das überwachte Bewegungsprogramm mit einem Anstieg der körperlichen Aktivität im Alltag (gemessen per Aktimetrie) einher. Ähnlich wie in früheren Daten mit Personen in der subakuten Phase nach SHT wurden sehr geringe Korrelationen zwischen subjektiven (Borg-Skala) und objektiven (prozentualer Anteil der Herzfrequenzreserve) Messungen der Trainingsintensität festgestellt.
Ergebnisse der zweiten Studie
Die zweite Studie wurde mit einer Stichprobe von Schlaganfallpatienten in der chronischen Phase während der Covid-19-Pandemie durchgeführt, sodass keine Präsenzintervention möglich war. Es wurden signifikant positive Korrelationen zwischen dem Aktivitätsniveau (gemessen per Aktimetrie) und der Durchführung verschiedener kognitiver Tests gefunden. Diese Assoziation war jedoch nur bei den jüngeren Patienten (unter 60 Jahren) signifikant.
Außerdem war die Richtung der Assoziation bei Männern und Frauen entgegengesetzt: Bei Frauen korrelierten überraschenderweise einige kognitive Funktionen positiv mit einem höheren Anteil an Sitzzeit im Vergleich zur Gehzeit.
Die Adhärenz an die Telerrehabilitation war hoch, insbesondere während der ersten 12 Wochen der Intervention und bei jenen Teilnehmern, die vor der Pandemie an Präsenzrehabilitation teilgenommen hatten. Die subjektive Einschätzung der Sitz- und Aktivitätszeiten (mittels Fragebogen) wies eine sehr geringe Übereinstimmung mit den Aktimetrie-Aufzeichnungen auf.
Gesamtergebnisse
In beiden Studien zeigten die Teilnehmenden Verbesserungen in einigen kognitiven Funktionen, obwohl das Studiendesign keine eindeutige Zuordnung dieser Verbesserungen zu den angewandten Interventionen erlaubt.
Die gewonnenen Daten stützen die Idee, dass Programme zur Förderung körperlicher Aktivität und zur Verringerung von Sedentärität die Vorteile der kognitiven Rehabilitation bei Personen mit chronischer EHS potenzieren könnten.
Es ist jedoch notwendig, mögliche Geschlechts- oder Altersunterschiede (neben anderen Faktoren) gründlich zu erforschen, um diese Programme entsprechend dieser Unterschiede individueller anzupassen.
Das Design der Programme muss zudem berücksichtigen, dass selbstberichtete Angaben zu Training und körperlicher Aktivität bei Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen infolge einer EHS möglicherweise ungeeignet sind.

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Fazit der Untersuchung zur kognitiven Funktion bei Erwachsenen mit erworbener Hirnschädigung
Abschließend lässt sich sagen, dass Personen trotz des heterogenen Profils der Folgeerscheinungen nach einer EHS sogar in der chronischen Phase Verbesserungen erfahren können, was die Wirksamkeit von Neurorhabilitationsprogrammen bestätigt.
Zudem scheint die Teilnahme an einem überwachten Trainingsprogramm auf den Alltag überzugehen und körperliche Aktivität im Tagesverlauf zu fördern. Dies wirkt nicht nur unterstützend auf kognitive Aspekte wie Gedächtnis oder Lernen, sondern stellt auch einen Schutzfaktor gegen das Wiederauftreten einer weiteren EHS oder gegen eine zukünftige neurodegenerative Erkrankung dar. Es existiert außerdem eine Assoziation zwischen dem Grad der kognitiven Beeinträchtigung und dem Niveau der körperlichen Aktivität/Sedentärität, eine wichtige und bisher wenig untersuchte Variable in Neurorhabilitationsprogrammen.
Andererseits weisen Programme zur kognitiven Telerrehabilitation wie NeuronUP, die individualisierte Betreuung und Überwachung durch eine Fachkraft bieten, eine gute Adhärenz bei Personen mit chronischer EHS auf.
Außerdem steht eine vorherige Teilnahme an Präsenzrehabilitation in Zusammenhang mit einer höheren Nutzungsrate der kognitiven Telerrehabilitationsprogramme.

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Insgesamt bleibt noch viel Forschungsbedarf hinsichtlich der Beziehung zwischen Kognition und körperlicher Aktivität bei Personen mit chronischer EHS. Angesichts der gewonnenen Ergebnisse wird jedoch deutlich, dass Programme zur Reduzierung der Sedentärität und zur Steigerung der täglichen körperlichen Aktivität als Beitrag zur Verbesserung kognitiver Folgeerscheinungen Jahre nach der Verletzung entwickelt werden müssen.
Literaturverzeichnis
Die vollständige Untersuchung finden Sie unter: Pérez-Lopez, Lidia; Coll-Andreu, Margalida; Morris, P.T. (2022). Kognitive Funktion bei Erwachsenen mit erworbener Hirnschädigung: Zusammenhang mit körperlicher Aktivität und Sedentärität. Universitat Autònoma de Barcelona.
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Dieser Artikel wurde übersetzt; Link zum Originalartikel auf Spanisch:
Función cognitiva en adultos con daño cerebral adquirido: relación con la actividad física y el sedentarismo







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