Die Ausprägung dieser Störungen unterscheidet sich erheblich bei jedem Kind. Daher spricht man von einem „Spektrum“ oder „Kontinuum von Störungen“. Dies bedeutet, dass die Symptome dieser Störungen auf unterschiedliche Weise auftreten können und deren Schweregrad von Fall zu Fall variiert. Das klinische Erscheinungsbild ist nicht einheitlich oder klar abgegrenzt. Es reicht von geringerer bis hin zu stärkerer Beeinträchtigung, variiert im Laufe der Zeit und wird von Faktoren wie dem Grad der intellektuellen Fähigkeiten oder dem Zugang zu spezialisierten Unterstützungsangeboten beeinflusst.
Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen verarbeiten Informationen in ihrem Gehirn anders als andere Menschen und entwickeln sich in jedem Bereich in einem anderen Tempo. Die Symptome zeichnen sich durch klinisch signifikante und anhaltende Schwierigkeiten in der sozialen Kommunikation (deutliche Schwierigkeiten in der nonverbalen und verbalen Kommunikation in der Interaktion, fehlende soziale Reziprozität und Schwierigkeiten bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung angemessener Beziehungen zu Gleichaltrigen gemäß ihrem Entwicklungsstand), stereotype motorische oder verbale Verhaltensweisen, ungewöhnliche sensorische Verhaltensmuster, starke Fixierung auf Routinen und ritualisiertes Verhalten sowie eingeschränkte Interessen aus.
Für die aktuelle Diagnostik werden folgende Kriterien festgelegt:
A. Anhaltende Defizite in der sozialen Kommunikation und Interaktion in verschiedenen Kontexten, die sich gegenwärtig oder in der Vergangenheit wie folgt manifestieren:
- Defizite in der sozial-emotionalen Reziprozität.
- Defizite in den nonverbalen Verhaltensweisen, die in sozialen Interaktionen verwendet werden.
- Defizite in der Entwicklung, dem Aufbau und dem Verständnis von Beziehungen.
*Der Schweregrad muss spezifiziert werden.
B. Ein Spektrum eingeschränkter und wiederholter Verhaltensweisen, Interessen oder Aktivitäten, das gegenwärtig oder in der Vergangenheit mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt:
- Wiederholende oder stereotype motorische Bewegungen, Objektnutzung oder Vokalisierung.
- Beharren auf Gleichförmigkeit, unflexible Anhaftung an Routinen oder ritualisierte Muster verbaler oder nonverbaler Verhaltensweisen.
- Sehr eingeschränkte und fixierte Interessen mit einem abnormalen Grad an Intensität und Fokussierung.
- Ungewöhnliche Reaktionen auf sensorische Reize oder ungewöhnliches Interesse an sensorischen Aspekten der Umgebung.
*Der Schweregrad muss spezifiziert werden.
C. Die Symptome müssen seit einer frühen Entwicklungsphase vorhanden sein, auch wenn sie sich möglicherweise erst dann vollständig zeigen, wenn begrenzte Fähigkeiten es nicht mehr ermöglichen, auf soziale Anforderungen zu reagieren, oder sie später durch erlernte Strategien verdeckt werden.
D. Die Symptome verursachen klinisch bedeutsame Beeinträchtigungen im sozialen, beruflichen oder anderen Funktionsbereichen.
E. Eine geistige Behinderung (geistige Entwicklungsstörung) oder eine generelle Entwicklungsverzögerung erklären diese Störungen nicht umfassend.
Außerdem ist es wichtig, folgende Punkte zu spezifizieren:
- Vorhandensein von kognitivem Abbau
- Vorhandensein von Sprachabbau
- In Verbindung mit einer bekannten medizinischen oder genetischen Erkrankung oder Umweltfaktoren
- In Verbindung mit einer anderen neurologischen, psychischen oder Entwicklungsstörung
- Katatonie
- Verlust bereits erworbener Fähigkeiten
Paradigmenwechsel
In den letzten Jahren hat es mit der Veröffentlichung des DSM-V eine sehr bedeutsame Veränderung in der Klassifizierung dieser Erkrankung gegeben. Das DSM-IV enthielt den Abschnitt „Pervasive Developmental Disorders“, der fünf Typen umfasste:
- Autismus
- Rett-Syndrom
- Desintegrative Störung des Kindesalters
- Asperger-Syndrom
- Nicht näher bezeichneter Pervasive Developmental Disorder
Das DSM-V hat den Begriff „Autismus-Spektrum-Störungen“ (ASD) eingeführt, der wiederum in die Kategorie „Neurodevelopmental Disorders“ fällt und alle außer dem Rett-Syndrom umfasst, das nicht mehr Teil dieser Kategorie ist. Anstatt zwischen diesen Untertypen zu unterscheiden, spezifiziert die diagnostische Definition des DSM-V drei Schweregrade der Symptome sowie das Maß an erforderlicher Unterstützung, wie zuvor entwickelt.