Der klinische Psychologe und Professor für Neuropsychologie Feliz Inchausti erklärt in diesem Artikel das soziale Funktionieren bei Schizophrenie und spricht über die Behandlung zur Verbesserung des interpersonalen Funktionierens bei dieser psychischen Störung.
Interpersonale Schwierigkeiten wurden bei Personen mit Störungen aus dem Psychosespektrum umfassend beschrieben und stellen insbesondere ein Hauptmerkmal der Schizophrenie dar. Zu den häufigsten sozialen Defiziten gehören zum Beispiel Probleme, sich mit anderen Personen fließend zu unterhalten, Konflikte zu bewältigen oder in assertiver Weise mit Familienmitgliedern, Freunden oder Mitgliedern der Gemeinschaft zu interagieren. Diese hochgradig einschränkenden Beeinträchtigungen machen das Sozialkompetenztraining (EHS) zu einem wesentlichen Bestandteil der Behandlung dieser Menschen, und außerdem wird das EHS in zahlreichen klinischen Leitlinien zur Schizophrenie empfohlen.
Behandlung zur Verbesserung des interpersonalen Funktionierens bei Schizophrenie
Die aktuellen Behandlungen zur Verbesserung des interpersonalen Funktionierens bei Schizophrenie lassen sich in zwei große Gruppen unterteilen: solche, die aus dem Behaviorismus abgeleitet sind, und solche, die auf dem Training der sozialen Kognition basieren.
Auf Behaviorismus basierende Behandlungen
Das übergeordnete Ziel der ersten Behandlungsgruppe ist es, das soziale Funktionieren der Patienten durch systematisches Training sozial wirkungsvoller Verhaltensweisen zu verbessern, gemäß den Theorien der Verhaltensmodifikation und des sozialen Lernens.
Einige Studien untermauern die Wirksamkeit dieser Art von Interventionen zur Verbesserung des sozialen Funktionierens bei Schizophrenie-Patienten und sogar zur Reduktion psychotischer Symptome, Rückfälle und Hospitalisierungen. Neuere Befunde haben jedoch gezeigt, dass deren Effekte und Generalisierungsfähigkeit erheblich begrenzter sind als bislang angenommen.
Zum Beispiel fand eine Metaanalyse von Pilling et al. [1] in klinischen Studien, die verhaltenstherapeutische EHS-Programme einsetzten, keinen signifikanten Nutzen. Ähnlich zeigten Kurtz und Mueser [2], dass diese Behandlungen nur einen moderaten Effekt auf das psychosoziale Funktionieren (d = 0,52) und einen geringen Effekt auf die Reduktion von Rückfällen (d = 0,23) haben. In diesem Zusammenhang schloss eine aktuelle Cochrane-Übersicht [3], dass noch unklar ist, ob die gegenwärtigen EHS-Programme bessere Ergebnisse liefern als konventionelle Pflege.
Behandlungen basierend auf dem Training der sozialen Kognition
Die zweite Behandlungsgruppe konzentriert sich darauf, verschiedene Bereiche der sozialen Kognition zu trainieren, um das interpersonale Funktionieren von Schizophrenie-Patienten zu verbessern. Der Begriff soziale Kognition bezieht sich auf neurokognitive Fähigkeiten, die sozialen Interaktionen zugrunde liegen. Die im Kontext der Schizophrenie am meisten beachteten Fähigkeiten sind Theory of Mind (ToM), die Emotionserkennung und Attributionsstile.
Ein bekanntes Behandlungsprogramm dieses Typs ist das Social Cognition and Interaction Training (SCIT) [4]. Es liegen Daten vor, die die Wirksamkeit von SCIT bei Schizophrenie-Patienten belegen, ebenso wie von anderen ähnlichen Programmen, die spezifische Module zur Verbesserung der Emotionsgesichtserkennung, der Theory of Mind oder des Attributionsstils enthalten. Dennoch fanden Kurtz und Richardson [5], dass diese Programme einen ungleichen Einfluss auf die soziale Kognition haben. Insbesondere zeigte sich, dass ihre Effekte auf die Emotionsgesichtserkennung von moderat bis hoch reichen (Identifikation, d = 0,71 und Diskriminierung, d = 1,01). Ihr Einfluss auf die Theory of Mind ist hingegen geringer (d = 0,46) und es gibt keinen Effekt auf die soziale Wahrnehmung, den Attributionsstil sowie auf positive und negative Symptome der Schizophrenie.
Klinische Ebene
Auf klinischer Ebene wird zudem die Verwendung computerisierter Aufgaben zum Interaktionstraining dieser Programme hinterfragt. Es erscheint logisch anzunehmen, dass es zur effektiven Verbesserung der geistigen Fähigkeiten, die sozialen Interaktionen Bedeutung verleihen, notwendig ist, diese in realen interpersonalen Kontexten zu üben, die denen ähneln, die die Patienten im Alltag erleben.
Theoretische Ebene
Auf theoretischer Ebene gibt es zudem zahlreiche Nachweise dafür, dass soziale Defizite bei Schizophrenie konsistenter mit Schwierigkeiten beim Verstehen und Integrieren der eigenen und fremder mentaler Zustände in interpersonalen Situationen mit hohem emotionalem Gehalt zusammenhängen und weniger mit isolierten neurokognitiven Defiziten.
Metakognitionsorientiertes Sozialkompetenztraining
Im Lichte dieser Erkenntnisse haben Ottavi et al. [6] ein neues Behandlungsprogramm entwickelt, das Sozialkompetenztraining (EHS) und metakognitives Training integriert, um die Wirkung auf das soziale Funktionieren bei Schizophrenie-Patienten zu verbessern: das metakognitionsorientierte Sozialkompetenztraining oder auf Englisch, Metacognition-Oriented Social Skills Training (MOSST).
Die im MOSST geschulten sozialen Fähigkeiten ähneln denen anderer konventioneller EHS-Programme. Dieser Ansatz fokussiert jedoch speziell darauf, die Metakognition der Teilnehmenden zu fördern und insbesondere sicherzustellen, dass sie die Dynamiken und mentalen Prozesse, die sozialen Kontexten zugrunde liegen, korrekt verstehen.
In diesem Sinne bietet MOSST einen einzigartigen Ansatz zur Entwicklung von Selbstreflexionsfähigkeiten, das heißt zur Bildung immer komplexerer mentaler Repräsentationen des Selbst als Individuum mit eigenen Gedanken, Emotionen und Wünschen, die wiederum das eigene soziale Verhalten und das Verhalten anderer motivieren.
Dabei sollen die Teilnehmenden verstehen, dass ihre Gedanken, Gefühle oder Wünsche subjektive Erfahrungen sind, die sich von denen anderer unterscheiden, und dass ihre inneren Erwartungen nicht zwangsläufig unmittelbare Auswirkungen auf die Realität haben. Eine ausführlichere Beschreibung von MOSST ist in Inchausti et al. [7] zu finden oder durch Anklicken hier.
Eine kürzlich von unserem Team in der Schizophrenia Bulletin, der führenden wissenschaftlichen Fachzeitschrift für Schizophrenie und verwandte Störungen, veröffentlichte klinische Studie [8, 9] (zugänglich durch Anklicken hier) hat die Überlegenheit dieser Art von Interventionen im Vergleich zu solchen, die ausschließlich auf dem systematischen Training erwünschter sozialer Verhaltensweisen basieren, nachgewiesen.
Ergebnisse der Studie
Die Ergebnisse dieser Studie lassen darauf schließen, dass ein systematisches Training metakognitiver Fähigkeiten überlegene und langfristigere Verbesserungen bewirkt (die Fortschritte bestehen auch 6 Monate nach Behandlungsende noch signifikant fort) hinsichtlich Anzahl und Qualität der zwischenmenschlichen Kontakte sowie eine signifikante Abnahme der Häufigkeit störender und/oder aggressiver sozialer Verhaltensweisen dieser Patienten.
Klinische Implikationen
Bei Replikation haben diese Ergebnisse wichtige klinische Implikationen. Zum einen handelt es sich um ein Programm mit relativ kurzer Dauer (16 Sitzungen à 90 Minuten bei wöchentlicher Frequenz) in einem Gruppenkontext mit 5 bis 10 Teilnehmenden pro Gruppe, was es kosteneffizient und manualisiert macht und zu lang anhaltenden Verbesserungen im psychosozialen Funktionieren von Menschen mit Schizophrenie führt.
Aufgrund des metakognitiven Schwerpunkts von MOSST ist jedoch wichtig zu betonen, dass Teilnehmende mit stärkeren neurokognitiven Schwierigkeiten (z. B. in Aufmerksamkeit, Gedächtnis oder Verarbeitungsgeschwindigkeit) eine vorherige neurokognitive Rehabilitation, beispielsweise mit Plattformen wie NeuronUP, benötigen, damit die Behandlung voll wirksam ist. In diesem Sinne stellt das neurokognitive Funktionieren dieser Patienten eine grundlegende Voraussetzung dafür dar, dass Interventionen wie MOSST wirklich nützlich sind.
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Referenzen
- Pilling S, Bebbington P, Kuipers E, Garety P, Geddes J, Martindale B, Orbach G, Morgan C: Psychological treatments in schizophrenia: II. Meta-analyses of randomized controlled trials of social skills training and cognitive remediation. Psychol Med 2002, 32(5):783-791.
- Kurtz MM, Mueser KT: A meta-analysis of controlled research on social skills training for schizophrenia. J Consult Clin Psychol 2008, 76(3):491-504.
- Almerie MQ, Okba Al Marhi M, Jawoosh M, Alsabbagh M, Matar HE, Maayan N, Bergman H: Social skills programmes for schizophrenia. Cochrane Database Syst Rev 2015(6):Cd009006.
- Penn DL, Roberts DL, Combs D, Sterne A: Best practices: The development of the Social Cognition and Interaction Training program for schizophrenia spectrum disorders. Psychiatr Serv 2007, 58(4):449-451.
- Kurtz MM, Richardson CL: Social cognitive training for schizophrenia: a meta-analytic investigation of controlled research. Schizophr Bull 2012, 38(5):1092-1104.
- Ottavi P, Pasinetti M, Popolo R, Salvatore G, Lysaker PH, Dimaggio G: Metacognition-Oriented Social Skills Training. In: Social Cognition and Metacognition in Schizophrenia. edn. Edited by Lysaker P, Dimaggio G, Brüne M. San Diego: Academic Press; 2014b:285-300.
- Inchausti F, Garcia-Poveda NV, Prado-Abril J, Ortuño-Sierra J, Gainza-Tejedor I: Metakognitionsorientiertes Sozialkompetenztraining (MOSST): Theoretischer Rahmen, Arbeitsmethodik und Beschreibung der Behandlung für Schizophrenie-Patienten. Pap Psicol 2017, 38(3):204-215.
- Inchausti F, García-Poveda NV, Ballesteros-Prados A, Fonseca-Pedrero E, Ortuño-Sierra J, Sánchez-Reales S, Prado-Abril J, Aldaz-Armendáriz JA, Mole J: A pilot study on feasibility, acceptance and effectiveness of metacognitive-oriented social skills training in schizophrenia. BMC Psychiatry 2017, 17:217.
- Inchausti F, García-Poveda NV, Ballesteros-Prados A, Ortuño-Sierra J, Sánchez-Reales S, Prado-Abril J, Aldaz-Armendáriz JA, Mole J, Dimaggio G, Ottavi P et al: The Effects of Metacognition-Oriented Social Skills Training on Psychosocial Outcome in Schizophrenia-Spectrum Disorders: A Randomized Controlled Trial. Schizophr Bull 2017, in press.
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Dieser Artikel wurde übersetzt; Link zum Originalartikel auf Spanisch:
El funcionamiento social en la esquizofrenia
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